Effektives Lernen in der Tiermedizin: So bleibt das Wissen aus Seminaren endlich hängen

4 June 2025 -

Jede*r von uns muss nach dem Abschluss des Studiums oder der Ausbildung feststellen, dass mit dem Lernen noch lange nicht Schluss ist. Unabhängig davon, ob Sie Tierärzt*in, Tiermedizinische*r Fachangestellte*r  oder eine andere Expert*in im veterinärmedizinischen Feld sind: Regelmäßige Fortbildungen und lebensbegleitendes Lernen sind Schlüsselfaktoren, um in der Veterinärmedizin erfolgreich zu sein.
Um die vielen Informationen aus Fortbildungen und Kursen zu behalten und sinnvoll in den tiermedizinischen Arbeitsalltag einzubinden, braucht man einen Fahrplan.  In diesem Artikel schauen wir uns an, wie Sie Gelerntes besser behalten können und welche Methoden Ihnen dabei helfen werden. 

Mehr behalten – Mehr erreichen: Darum ist erfolgreiches Lernen wichtig 

Sich ständig fortzubilden und das eigene Wissen zu erweitern ist weit mehr als eine Bürde des veterinärmedizinischen Berufs – es ist eine Chance, Ihren Patienten durch besseres Fachwissen erfolgreich zu helfen und mit mehr Selbstbewusstsein im Arbeitsalltag aufzutreten.  

Wenn wir von „Lernerfolg“ sprechen, dann meinen wir, dass wir etwas Neues gelernt und wirklich verstanden haben. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass Sie neues Wissen später anwenden und erklären können – sei es, wie man ein Fahrrad repariert oder veränderte Nierenwerte richtig interpretiert. Kurz gesagt: Lernerfolg ist der Beweis, dass das Lernen funktioniert hat.
Durch erfolgreiches Lernen erweitern Sie nicht nur Ihr Fachwissen – Sie steigern auch Ihr persönliches Ansehen und das Vertrauen bei Tierhaltern sowie Kooperationspartnern. So können Sie in Ihrer Karriere beispielsweise neue Positionen oder Aufgaben übernehmen und schaffen langfristig einen klaren Mehrwert für Ihre berufliche Entwicklung und den Erfolg des gesamten Betriebs.

Lernblockaden überwinden – die häufigsten Herausforderungen in der Tiermedizin 

Tiermedizinische Fachkräfte stehen vor besonderen Herausforderungen, wenn es um regelmäßiges und erfolgreiches Lernen geht. Im Arbeitsalltag (dabei spielt es keine Rolle, in welchem veterinärmedizinischen Berufsfeld) müssen Sie ständig zwischen verschiedenen Fällen und Anforderungen umschalten, sich um Verwaltungsaufgaben kümmern und mit Patientenbesitzern oder anderen Akteuren kommunizieren. „Nebenbei” hat jeder von uns noch einen privaten Alltag, der oftmals schwer mit dem Beruf vereinbar ist. In diesem Berg aus Verantwortungen und Anforderungen fällt es umso schwerer, Zeit zum Lernen zu finden. 
Wie Sie sich ein angenehmes Lernumfeld schaffen können und dafür sorgen, dass Ihr neues Wissen nicht sofort wieder verschwindet, schauen wir uns jetzt mal genauer an.  

Motivation ist alles

Unter Motivation versteht man weitaus mehr als schlichte Begeisterung für ein Thema. Wir können sie als Bereitschaft zu einem bestimmten Verhalten, wie z.B. Lernen, verstehen – und diese Bereitschaft ist beeinflussbar!  

Faktoren wie beispielsweise die Vielfalt und Abwechslung in den Themen, ein mitreißender Dozent, die passende Lernmethode oder das Medium, mit dem wir lernen, haben alle Einfluss auf unsere Motivation und schließlich auch auf unseren Lernerfolg (Conradty, 2011).  Diese Faktoren sind beeinflussbar und können uns helfen, leichter zu lernen und uns an neue Themen heranzuwagen. Haben Sie allerdings eine Fortbildung gebucht und das Thema interessiert Sie überhaupt nicht – dann wird Ihnen das Lernen extrem schwerfallen, selbst wenn Sie ansonsten optimale Lernbedingungen herstellen (Stark, 2019).  

Wer hat an der Uhr gedreht – die Sache mit der Zeit 

Gerade als Erwachsener fehlen uns die Freiräume zum Lernen. Zwischen Alltag, Beruf, Hobbies und dem Bedürfnis nach Entspannung müssen wir aktiv Zeiträume schaffen, um uns dem Lernen widmen zu können.  

Überforderung 

Umfangreiche Themenbereiche oder Fortbildungen, die aus mehreren Modulen bestehen, können uns schnell überfordern. Unübersichtlicher oder unstrukturierter Lernstoff kann uns schnell lähmen, da wir nicht wissen, wo wir anfangen sollen. Das kann so weit gehen, dass wir „abschalten” und uns komplett abwenden. 

Ihre Lernumgebung ist eine Lärmumgebung 

In einer unangenehmen Lernatmosphäre wird erfolgreiches Lernen schnell unmöglich. Durch Geräusche, Ablenkungen oder einen chaotischen Schreibtisch können wir uns schlechter konzentrieren und neues Wissen nur schwer aufnehmen und behalten. 

Mangel an Lernstrategien 

Lernstrategien umfassen Maßnahmen und Verhaltensweisen, die wir wählen können, um erfolgreicher zu lernen. Wenn wir keinen Fahrplan haben, um neues Wissen zu behalten und nicht wissen, welche Lernmethoden (s.u.) zu uns passen, wird das Lernen schnell frustrierend und auf lange Sicht erfolglos. 

So können Sie das Wissen aus Fortbildungen besser behalten 

In der Veterinärmedizin gehören regelmäßige Fortbildungen einfach zum Beruf dazu. Um das Wissen, das wir in Seminaren oder Kursen aufnehmen, nachhaltig parat zu haben, können uns gezielte Strategien helfen. Hier sind einige zentrale Ansätze, damit Ihr neues Fachwissen auch langfristig hängen bleibt:  

Zeitmanagement und Lernumgebung 

Wenig, dafür regelmäßig – Dieses Mantra ist ein guter Start ins erfolgreiche Lernen. Lernen Sie lieber wiederholt für kurze Zeiträume (über den Tag, die Woche oder Monat) verteilt, als alles auf einmal anzugehen. Wenn Sie einen sehr straffen Tagesablauf haben und eingespannt sind, empfiehlt es sich, feste Lernzeiten einzuplanen. Vergessen Sie nicht, Ihre Pausen auch mitzuplanen! So halten Sie den Kopf frei und vermeiden Unkonzentriertheit und Überforderung. 

Zu Ihren Planungen sollte auch gehören, dass Sie das „Drumherum” organisieren. Das heißt, Sie sollten sicherstellen, dass Sie zu Ihrer Lernzeit niemand stört, dass es ruhig ist und Sie alle Mittel (z. B. Computer, Drucker, Stifte) an Ihrem Lernort zur Verfügung haben. Das Handy und andere technische Geräte sollten ausgeschaltet sein oder sich im Flugmodus befinden. 

Den eigenen Lerntypen kennen 

Vielleicht haben Sie selbst im Studium oder in der Ausbildung festgestellt, dass es unterschiedliche Lerntypen gibt – Während Sie selbst erfolgreich mit Diagrammen und Bildern gelernt haben, hat jemand anderes lieber laut gelesen oder Inhalte herausgeschrieben. Es gibt mehrere Modelle und Ansätze zu den verschiedenen Lerntypen. Ein häufig verwendetes Modell beschreibt, über welchen Sinneskanal eine Person Informationen aufnehmen muss, um sie erfolgreich zu speichern und später parat zu haben.  

Wenn Sie wissen, welcher Lerntyp Sie sind, können Sie dies bei der Wahl der passenden Fortbildung beachten und sich die Inhalte langfristig besser merken. Und wundern Sie sich nicht, wenn mehrere Lerntypen auf Sie zutreffen – oft sind wir eine Mischung aus zwei oder mehreren Typen.  

Diese vier Lerntypen werden unterschieden (Fleming & Mills, 1992):  

Visueller Typ 

  • Lernt mit den Augen – durch Lesen und Betrachten 
  • Geeignete Lernmethoden: Mind-Maps, Diagramme, Bilder, Videos, Filme, farblich hervorgehobene Informationen 
  • Passende Fortbildungsformate: Webinare und Präsenzveranstaltungen mit visuellen Elementen, Grafiken oder Power Point Präsentationen, videobasierte Lernplattformen, Workshops mit visuellen Materialien, interaktive E-Learning-Tools, Bücher oder Skripte mit hohem Bildanteil


Auditiver Typ
 

  • Lernt mit den Ohren durch Zuhören 
  • Geeignete Lernmethoden: Vorlesungen, Vorträge, Podcasts, Diskussionen, Audioaufnahmen, gesprächige Lerngruppen, lautes Lesen 
  • Passende Fortbildungsformate: Podcasts & Hörbücher, Vorträge, Diskussionsrunden, Webinare mit Audiofokus, mündliche Erklärungen, Gruppenarbeit mit Gesprächen oder Sprachaufzeichnungen 


Motorischer/Haptischer Typ
 

  • Lernt durch Bewegungen und Anfassen, praktische Erfahrungen 
  • Geeignete Lernmethoden: Praktische Übungen, Lernen an Modellen, Demonstrationen, Rollenspiele 
  • Passende Fortbildungsformate: Praktische Übungen (z. B. OP-Techniken), Workshops zu Diagnostik- oder Behandlungsverfahren, Simulationstraining (z. B. an Tiermodellen oder Simulatoren), Hospitationen oder Praktika

 

Lerntyp Lesen & Schreiben  

  • Lernt durch Lesen und Schreiben 
  • Geeignete Lernmethoden: Notizen machen, kreatives Schreiben, Zusammenfassungen erstellen, Bücher/Artikel/Publikationen lesen, Listen erstellen, Inhalte in eigenen Worten zusammenfassen 
  • Passende Fortbildungsformate: Fachliteraturstudium, E-Learning-Kurse mit schriftlichen Inhalten, Handouts und Skripte aus Seminaren, wissenschaftliche Artikel und Journals, Online-Foren und schriftliche Fallanalysen, Selbstlernkurse mit Textaufgaben, Prüfungs- oder Zertifizierungsvorbereitungen mit schriftlichen Tests

 

Abschlussgedanken 

Fortbildungen und erfolgreiches, lebenslanges Lernen sind nicht nur integraler Bestandteil des tiermedizinischen Berufs, sondern machen uns als Fachkraft in vielen Bereichen erfolgreicher. Je besser Sie sich und Ihren Lernstil kennen, desto besser können Sie sich für eine passende Fortbildung entscheiden, Gelerntes mühelos behalten und sicher im Berufsalltag anwenden. Viel Erfolg beim Lernen! 

Literatur:
Stark, E. (2019). Examining the role of motivation and learning strategies in student success in online versus face-to-face courses. Online Learning, 23(3), 234–251. https://eric.ed.gov/?id=EJ1228817
Conradty, C. (2011). Multimedial unterstütztes Lernen: Intrinsische Motivation & kognitiver Lernerfolg (Dissertation, Universität Bayreuth, Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften). https://epub.uni-bayreuth.de/id/eprint/447/
Fleming, N. D., & Mills, C. (1992). Not another inventory, rather a catalyst for reflection. To Improve the Academy, 11(1), 137–155. https://doi.org/10.1002/j.2334-4822.1992.tb00213.x