Chronische Exposition gegenüber Domoinsäure
Mit fortschreitender Erwärmung der Ozeane kommen schädliche Algenblüten (HABs) immer häufiger vor und sie sind immer giftiger und langlebiger. Dies hat enorme Auswirkungen auf die Sicherheit von Meeresfrüchten, da sich insbesondere in diesen Fällen Domoinsäure (Neurotoxin, das von einigen Diatomeen produziert wird) bei Futterfischen und -schalentieren ansammelt.
Ein hoher Gehalt an Domoinsäure (DA) kann zu erheblichen histopathologischen Läsionen im Hippocampus und zu permanentem Gedächtnisverlust sowohl bei Meeressäugern als auch beim Menschen führen. Diese neurotoxische Aminosäure wurde erstmals 1987 als ein Meeresfrüchtetoxin erkannt, als über hundert Menschen nach dem Verzehr kontaminierter Muscheln krank wurden. Als Folge davon wurde der Grenzwert für die Sicherheit von Meeresfrüchten auf 20 mg DA/kg Schalentiere festgelegt, aber es gibt immer noch keine Vorschriften für eine langfristige niedrige wiederholte DA-Exposition.
Mit dieser Untersuchung sollte festgestellt werden, ob die chronische Exposition gegenüber niedrigen Dosen die kognitive Funktion beeinträchtigt. Dazu wurden Kohorten weiblicher Mäuse geschaffen, um räumliches Lernen, Gedächtnis und Aktivitätsgrad zu bewerten. Der Hippocampus-Schaden wurde ebenfalls untersucht, indem Immunhistochemie und Histologie des Gehirns untersucht wurden. Die Studien wurden über 25 und 36 Wochen durchgeführt und umfassten Kontrollgruppen.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Exposition gegenüber niedrigen asymptomatischen Dosen von Domoinsäure zu kognitiven Defiziten und Hyperaktivität führen kann – Anzeichen, die nach sechs Monaten Erholung (keine Toxin-Exposition) reversibel zu sein scheinen. Auch wurden keine erheblichen morphologischen Läsionen im Hippocampus-Bereich festgestellt. Diese Ergebnisse stehen im Gegensatz zur Realität akuter Expositionsfälle, bei denen neben Veränderungen des Aktivitätsgrads, Beeinträchtigung des räumlichen Gedächtnisses und Lernbeeinträchtigung auch beträchtliche Gehirnschädigungen auftreten.
Da ein Säugetiermodell verwendet wurde, können wir ähnliche Auswirkungen bei Menschen und Meeressäugern erwarten. Daher sollten nicht nur Meeresfrüchteunternehmen, sondern auch die für die Gesundheit der Meerestiere verantwortlichen Personen die potenziellen Auswirkungen einer anhaltenden niedrigen Exposition gegenüber Domoinsäure berücksichtigen
Lefebvre K. et al. Chronic low-level exposure to the common seafood toxin domoic acid causes cognitive deficits in mice. Harmful Algae 64 (2017) 20–29. http://dx.doi.org/10.1016/j.hal.2017.03.003