BEKÄMPFUNG DER CANINEN LEISHMANIOSE IM RAHMEN VON „ONE HEALTH“

22 June 2023 -

Die viszerale Leishmaniose (VL) ist eine Zoonose, die durch einen Parasiten der Gattung Leishmania spp., vor allem Leishmania infantum, verursacht und durch den Stich eines Sandmückenweibchens übertragen wird. Obwohl es mehrere Erregerreservoire gibt (einschließlich des Menschen), ist der Hund nach wie vor einer der wichtigsten indirekten Wirte im Übertragungszyklus.

Im Laufe der Jahre wurden im Rahmen von Regierungsprogrammen zur Bekämpfung der durch L. infantum verursachten humanen VL Millionen von Hunden euthanasiert. Die öffentliche Gesundheitspolitik in Zentralasien, im Kaukasus und in einigen Balkanländern empfiehlt weiterhin die Eliminierung aller positiven Hunde. In ländlichen Gebieten Chinas, in nordafrikanischen Ländern und in Teilen des Nahen Ostens ist die Euthanasie von Hunden zwar nach wie vor häufige Praxis, Hunde in Privatbesitz dürfen jedoch medikamentös behandelt werden. Auch in Mittel- und Südamerika wird die Eliminierung von Hunden in mehreren Ländern empfohlen und praktiziert.

Das Companion Vector-Borne Disease World Forum (CVBD) ist eine Gruppe von Wissenschaftler*innen, die sich mit vektorübertragenen Krankheiten bei Hunden und Katzen beschäftigen. Durch ihre aktive Beteiligung an der Diskussion leistet die Gruppe einen wichtigen Beitrag zur kontinuierlichen Erforschung dieser Krankheiten und ihrer Auswirkungen auf Tiere und Menschen. Da das Thema der caninen Leishmaniose von globaler Bedeutung und Gegenstand vieler Kontroversen ist, wurde ein Konsens über eine proaktivere Strategie bei der Bekämpfung dieser Erkrankung erzielt. Auf dem in Windsor (GB) im Jahre 2018 abgehaltenen 13. CVBD World Forum Symposium wurde die Bekämpfung der durch L. infantum verursachten Leishmaniose diskutiert und man kam zu dem Schluss, dass die Tötung infizierter Hunde als Maßnahme zur Eindämmung des Risikos für Menschen, sich mit VL zu infizieren, nicht zielführend ist.

Die Strategie der Euthanasie von Hunden ist aus mehreren Gründen nicht haltbar.
1.Es gibt keine verlässlichen wissenschaftlichen Erkenntnisse, die die Wirksamkeit der Euthanasie von Hunden als Mittel zur Reduzierung der Inzidenz der VL belegen.
2.Alternative Wirte können bei der Aufrechterhaltung des Lebenszyklus von L. infantum eine Rolle spielen und sollten bei der Ausarbeitung einer integrierten Bekämpfungsstrategie berücksichtigt werden.
3.Euthanasierte Hunde werden schnell durch junge Hunde ersetzt, die in der Regel anfälliger für Primärinfektionen sind.
4.Die serologischen Diagnoseinstrumente, die häufig für das Screening von Hunden eingesetzt werden, sind in puncto Sensitivität und Spezifität limitiert.
5.Das Töten von Hunden ist für staatliche Einrichtungen weder eine rentable noch sozioökonomisch sinnvolle Alternative (z. B. psychologische Auswirkung auf die Hundehalter*innen oder Euthanasie-Medikamente).
6.Schließlich erfordert eine wirksame Bekämpfung der Übertragung von L. infantum eine Herangehensweise, die sich nicht nur auf den Hund, sondern auch auf den Parasiten und – noch wichtiger – auf den Vektor konzentriert. Daher ist die Eliminierung von Hunden als Strategie zur Reduzierung der VL-Inzidenz beim Menschen nicht zu rechtfertigen und sollte nicht weiterverfolgt werden.

Umfassende wissenschaftliche Belege zeigen, dass die regelmäßige Anwendung topischer Repellentien sehr wirksam ist, um Sandmückenstiche und damit die Übertragung von L. infantum zu verhindern. Die konsequente Anwendung von Repellentien schützt nicht nur Hunde vor den Vektoren, sondern ermöglicht auch eine Eindämmung der Vektoren in der Umgebung des Menschen, was potenziell zu rückläufigen Infektionszahlen beim Menschen führt. In einigen Ländern stehen auch Impfstoffe zur Verfügung, die das Risiko klinischer Symptome und das Fortschreiten der Erkrankung bei infizierten Hunden reduzieren. Chemo- und Immuntherapie können die Infektiosität behandelter Hunde ebenfalls reduzieren, was unter experimentellen Bedingungen zu einem Rückgang der infizierten Sandmücken führt.
 

Danta-Torres; F. et al (2019) “Canine Leishmaniasis Control in the Context of One Health” Emerg. Infec. Dis. 25 (12): 1-4. DOI:10.3201/eid2512.190164